Kapuzineräffchen auf Costa Rica tun seltsame Dinge. In einem etwa zehnminütigen Ritual stecken manche von ihnen einen Finger in Nase und Augapfel eines anderen. In den Augapfel, jawoll. Wohlgemerkt, mit Krallen an den Fingern. Sie wiegen sich dabei tranceartig und verhalten sich still. Absolut entspannt, meist nach gegenseitiger Fellpflege. Wenn sie plötzlich gestört würden, oder einer den Finger zu tief bohrt, könnten sie sich verletzen. Und offenbar machen sie das aus keinem tieferen Sinn, als um zu testen, ob der andere behutsam genug ist, um sie eben nicht zu verletzen. Oder aus Sicht des anderen: Um zu testen, ob der andere ihm so vertraut, dass er sich dem Risiko einer Verletzung aussetzt. Kalifornische Biologen nennen das "Handschnüffeln" und "Augenbohren" und interpretieren das Ganze als Ansatz einer tierischen Form von sozialer "Kultur". Die Kapuzineräffchen hätten eine kulturelle Lösung gefunden für die überlebenswichtige Vertrauensfrage.
Nicht schlecht.
6 Kommentare:
Tja, das gibt es beim Menschen theoretisch auch. Da greift man nicht in den Augapfel, sondern zärtlich nach der Seele. Man ist interessiert an den Prägungen und Erlebnissen seiner Biographie, will das Andere in ihm verstehen lernen, damit man seine Empfindsamkeiten und Verletzungen begreifen kann, mit ihnen umzugehen versteht und man sich ihm dadurch vertrauensvoll annähert. Man versucht die Sprache des Anderen zu lernen - um seinetwillen. Oder eben nicht!
Was Du beschreibst, Anonymous, ist im Einzelnen jeweils ziemlich komplex. Eine Annäherung unter Menschen, das zärtliche Greifen nach der Seele, wie Du es nennst, variiert in Tempo, Art und Intensität schon sehr und gelingt auch in Fällen, in denen man es wünscht, leider nicht immer.
Was es beim Menschen wohl nicht gibt, ist die ritualisierte und somit vereinfachte Form, jedenfalls fällt mir keine ein.
Dir?
Da bin ich ganz Deiner Meinung. Deswegen schrieb ich ja auch: Oder eben nicht!
Diese ritualisierten/vereinfachten Formen lassen sich - so dachte ich zumindest - auch im menschlichen Tierreich finden. Bei eher einfachen Lebensformen (Saufen auf Malle, sich beim Fernsehen mit Kumpels am Sack kratzen o.Ä.) Aber Rituale halte ich für verführerisch bequem, weil sie von Natur aus anti-individualistisch sind und man Abläufe nur zu übernehmen braucht, die dem Einzelnen vielleicht aber gar nicht gut tun?! Man will doch das Gefühl, dass man persönlich gemeint ist. Auch bei der kostbaren Erfahrung des Vertrauen-Schenkens!Oder?
Du hast natürlich völlig recht.
Und doch: So anti-individualistisch sie sein mögen,so unmissverständlich sind sie auch.
Mich jedenfalls hat diese Schlichtheit, die Vereinfachung eines sonst so schwierigen Vorgangs in dem Bericht über Kapuzineräffchen berührt.
Und irgendwie auch getröstet. Weil es mir gezeigt hat, dass Vertrauen eine Ursehnsucht ist.
Bei diesen Äffchen ist es übrigens nicht so, dass es alle tun. Nur einige wenige tun das, sie geben dieses Verhalten manchmal an andere weiter. Ob es sich durchsetzt oder irgendwann ausstirbt, wird sich zeigen. Es scheint also so zu funktionieren, dass nur die Affen das Ritual imitieren, denen es gut tut.
Hm.
Ich kenne und verstehe die Sehnsucht, aber erinnern wir uns: Die Hoffnung ist eines der Übel, welches in der Büchse hängengeblieben ist, sodass wir lediglich glauben, dass es sich dabei um etwas Gutes handelt. Verewigter Masochismus. Aber man kann sie trotzdem genießen; die masochistische Sehnsucht. Am Ende bleibt es eine Glaubensfrage. :-)
es heisst die hoffnung sei darin geblieben.es heisst aber auch dass die büchse nochmals geöffnet wurde, und die hoffnung entkam.
wenn ich tief in meiner kalten dunkelheit sitze, so ist der kurze wärmende strahl der sonne oder die erinnerung daran kein masochismus, sondern die wichtige erinnerung daran, dass es auch anderes gibt als nur schwärze oder dunkelheit.
dieses wissen hat mich weitergetragen durch alle zeiten.
"es kann nicht immer regnen!"
immer hofffnungsvoll
renaldo
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